Nach mehr als drei Wochen islamischer Architektur und Kunst wird es Zeit für die Ruinen der vorislamischen Hochkultur. Wir haben praktisch alle ehemaligen Hauptstädte des Iran besucht bis auf die Zentren des ersten persischen Reiches vor 2500 Jahren: Persepolis und Pasargadae. Unweit davon bietet sich die Stadt Shiraz als ideale Basis an. Wer jetzt an Wein denkt, liegt nicht falsch. Die bekannte Traubensorte Shiraz oder Syrah stammt tatsächlich aus dieser iranischen Stadt. Heute wird hier (legalerweise) leider kein Tropfen Wein mehr produziert und wir haben in den fruchtbaren Feldern um Shiraz nur wenige Reben gesehen. Der Wein hat in dieser Region bereits vor fast tausend Jahren die berühmtesten persischen Dichter wie Hafez inspiriert. Obwohl einige der lyrischen Werke von den geistigen Tränken selbst handeln, werden die alten Dichter auch heute noch fast wie Heilige verehrt. Am Grabmahl von Hafez etwa sehen wir viele abergläubische Rituale und Orakel (ein dressierter Kanarienvogel pickt einen beliebigen Vers von Hafez aus einem Bündel, der dann die Zukunft vorhersagen soll). Die zeitgenössischen Schriftsteller begegnen heute weniger Toleranz seitens des iranischen Regimes, aber das ist eine andere Geschichte.
Auf den Spuren der grossen persischen Eroberer Cyrus, Darius und Xerxes landen wir dann aber bald in den weiten Ebenen um Pasargadae. Der Ort beheimatet ein Steingrab, das Cyrus dem Grossen zugeordnet wird (historisch nicht ganz unumstritten). Das Grabmal soll bereits zu seiner Zeit von Alexander dem Grossen, dem Zerstörer des ersten persischen Grossreiches, geplündert worden sein. Von der ehemaligen Stadt ist nicht mehr viel zu sehen. Infotafeln über üppige und grüne Gärten vor staubigen Wüsten mit vertrocknetem Gras wirken irgendwie wenig stimulierend auf die Fantasie.
Die Grabstätten von Darius und Xerxes geben dann aber einen Eindruck von dieser frühen Hochkultur: Vor 2500 Jahren in massiven Stein gehauen finden wir in Naqsh-e Rostam die immensen Felsengräber der grossen persischen Herrscher. Der Ort war eine Kultstätte der damaligen Zarathustrier und hat auch heute noch eine magische Aura, wenn auch viele alte Riten und Gebräuche vergessen sind, wie etwa der Zweck des “Würfel des Zarathustra”.
Die Königsstadt Persepolis lässt die Kinnlade dann noch ein paar Zentimeter weiter fallen. Trotz des Alters sind einige Fragmente enorm gut erhalten. Die filigranen Reliefs der unterworfenen Völker sehen aus wie mit nadelgrossen Meisseln gehauen und gestern erst vollendet. Wir erkennen in allen Details die Delegationen von 28 Völkern. Während von Darius’ Palast noch einiges zu sehen ist und noch viele Türbögen stehen, wurde der Palast von Xerxes bis auf die Grundmauern abgebrannt (da die Dächer durch Holzbalken gestützt waren, konnte man die Steinpaläste tatsächlich abbrennen bis die Metallklammern zwischen den Steinen wegschmolzen). Alexander der Grosse hat ihm die Plünderung Athens wohl übel genommen. Daher erstaunt es, wieso sich der griechische Name für die persische Stadt bis heute gehalten hat.
Erstaunlich ist auch, dass wir diese Sehenswürdigkeit fast für uns alleine haben. Die paar wenigen Besucher verteilen sich auf dem riesigen Gelände. So geniessen wir die letzten Sonnenstrahlen über den Ruinen von Persepolis und die letzten Stunden im Land der Mullahs. Am nächsten Morgen und letzen Tag regnet es dann aus Kübeln, es ist wohl Zeit weiter zu gehen.