Entdeckungsreisen

Neben den Stränden und dem Wassersport gibt es auch an Land und im Innern der Insel viel zu sehen. Maui wird dominiert von zwei erloschenen Vulkanen, die auch das Wetter und die Klimata in den verschiedenen Regionen bestimmen. Neues zu entdecken gibt es natürlich nicht mehr: Vor uns, nach uns und auch mit uns gab und gibt es viele Leute, die genau das Gleiche im Sinn haben. Aber wie wir letztes Jahr häufig festgestellt haben, gibt es meist gute Gründe, warum Sehenswürdigkeiten solche sind und viele Besucher anlocken. Und auch wenn wir diese mit vielen anderen Leuten teilen, haben wir unsere eigene für uns sehr spezielle Erinnerung.

So fahren wir im Kolonnenverkehr noch im Dunkeln auf 3000 Meter über Meer um den Sonnenaufgang auf dem Berg Haleakala zu bestaunen. Es ist kalt, sehr kalt, und wir haben alle unseren warmen Kleider angezogen. Nachdem die Sonne endlich aufgegangen ist, machen wir eine wunderschöne sechsstündige Wanderung durch den Krater des Vulkans. Wir treffen hier nur einige wenige Leute während des ganzen Tages. So einfach sind wir der Menschenmenge am Morgen entkommen. Der Berg ruft uns noch ein zweites und ein drittes Mal für den Sonnenuntergang mit Picknick und mit Fondue. Jedes Mal ist die Stimmung etwas anders (aber immer sehr kalt).

Nun ist es aber an der Zeit um den Berg herum zu fahren auf der berühmten “Road to Hana” und dem “Pilani Highway”. Wir beschliessen die Fahrt auf zwei Tage zu verteilen um auch die vielen Wasserfälle und schönen Strände bestaunen zu können. Wir fahren los im Gegenstrom zum allgemeinen Touristenverkehr und haben die Strasse zuerst ganz für uns alleine. Wir erreichen die berühmten “seven sacred pools” und wandern in Zweisamkeit durch den dunklen Bambuswald zu einem mehr als 100 Meter hohen Wasserfall. Doch zurück beim Auto ist es mit der Ruhe vorbei. Wir kreuzen nun die vielen Autos, die alle das gleiche Ziel haben. Die Dichte an Mustang-Cabrios ist dabei unglaublich hoch. Es scheint das Auto der Wahl zu sein, wenn man sich auf Maui etwas gönnen will. Damit die Besitzer ihre Mietautos wieder finden, hat sich wohl jemand überlegt, diese in möglichst vielen Farben anzubieten. Ja, für mich wäre es wohl eher ein zweifelhaftes Vergnügen ein giftgrünes Auto zu fahren.

Am Abend treffen wir die zwei Schweizer, mit denen wir unsere Hütte am schwarzen Sandstrand Wai’anapanapa gemietet haben. Nach einigen Versuchen (wo sind die Pfadfinder, wenn wir sie brauchen?) brennt unsere Kohle und wir fabrizieren uns ein feines Znacht. Dank Mückenspray können wir die Stimmung draussen geniessen. Wir sind nämlich jetzt im regenreichen Teil der Insel mit üppiger Vegetation und vielen Wasserfällen.

Am zweiten Tag nehmen wir nun den Hana Highway in Angriff. Die Strasse besteht aus mehr als 600 Kurven auf etwa 50 Meilen oder so und zusätzlich Unmengen von Einbahnbrücken. Wir verweilen am Morgen an den Stränden in Hana um den Strom an Autos an uns vorbeizulassen. Dann gehts los, durch den Urwald, vorbei an Wasserfällen, Strassenständen, wunderschönen Ausblicken aufs tosende Meer und der Sichtung des einen oder anderen Wals. Eine schöne Fahrt.

Der zweite, kleinere Vulkan von Maui ist schlechter zugänglich. Er ist von Tälern durchzogen, wobei das Iao Tal wahrscheinlich das berühmteste ist. Von unserem temporären Daheim sehen wir an dieses Tal, das an den meisten Tagen wolkenverhangen ist. Doch eines Tages, der Wind hat gedreht, ist es plötzlich frei und wir packen die Gelegenheit es zu besichtigen. Mittendrin steht ein dünner, hoher Felsen, der in der hawaiianischen Geschichte während der kriegerischen Eroberung von Maui eine grosse Rolle gespielt hat. Wir lassen uns an diesem Ort von der heute friedlichen Atmosphäre anstecken und geniessen die Schönheit des Orts.

Langsam aber stetig erkunden wir die Insel. Wir schauen uns die alten Plantagenstädte an, die heute teilweise dank dem Tourismus wieder auferstanden sind. Wir bewegen uns aber auch in den neueren kommerziellen Zentren, stecken mal im Verkehr fest, müssen einkaufen und putzen, wie zu Hause auch.

Leider kommen wir schon bald zum Schluss unseres Aufenthalts auf Maui (und unserer Weltreise). Kurz vorher steht für uns aber noch ein sehr wichtiger Tag an: Wir feiern unsern elften Jahrestag. Diesen beschliessen wir auf der Nachbarinsel Lanai zu verbringen. Lanai wird auch die Ananas-Insel genannt und ist zu 98% im Privatbesitz. Früher bestand die Insel hauptsächlich aus Ananasplantagen, die heute aber grösstenteils nicht mehr existieren. Lanai hat auch einen wunderschönen goldenen Strand mit Palmen, an dem man zelten darf. Nach einer einstündigen Fahrt mit der Fähre (und wieder einmal Sichtung von einigen Buckelwalen, die im Wasser herumhüpfen) kommen wir an. Zu Fuss geht es an den Strand, wo wir unser Zelt aufstellen und dann den Tag geniessen. Am Strand stossen wir an und auf dem Feuer kochen wir uns ein subjektiv sehr gutes Abendessen.

Verloren im Paradies

Nach zwölf Tagen Erholung im Inbegriff des tropischen Ferieninselparadieses (aka Hawai’i the Big Island) ist es an der Zeit weiterzureisen. Unsere nächste (und leider auch schon letzte) Destination ist Maui, die Nachbarinsel und gemäss Erwartungen auf einem ähnlichen “Paradiesniveau”. Die Inseln sind nah, der Flug kurz und somit müssen auch die Fluggeräte nicht allzu gross sein. Wir werden auf Kona am Pendlerterminal abgeladen und besteigen ohne irgendwelche Sicherheitskontrollen (doch wir befinden uns immer noch auf dem Territorium der USA) die neunplätzige Cessna. Theo und ich kriegen die (Verliebten)-Bank hinten im Flugzeug und geniessen den Panoramaflug.

Der erste Eindruck von Maui sind die riesigen Zuckerrohrfelder im Tal zwischen den beiden Vulkanen, nach dem die Insel auch “the Valley Island” benannt wird. Unsere Unterkunft befindet sich “upcountry” auf 700 Meter über Meer, wo es etwas kühler ist. Wir werden die nächsten paar Wochen an einem Ort verbringen und packen unseren Rucksack das erste Mal seit langem vollständig aus. Dies ist ein ganz spezielles Gefühl nachdem wir so lange aus dem Rucksack gelebt haben. Fast wie wenn wir wieder eine Identität verloren hätten, nämlich die des Rucksackreisenden. Doch was ist denn unsere neue Identität? Schwierige Frage. Wir finden die Antwort nicht sofort.

Weihnachten verbringe ich seit langem wieder einmal an der Wärme. Klassische Weihnachtsstimmung kommt dabei natürlich nicht auf, aber es gefällt uns trotzdem. Wir grillieren zusammen mit unseren momentanen WG Kollegen und deren Bekannten. Es sind auffällig viele Schweizer darunter. Wir spielen eine Art amerikanische Version des “Wichtelns”: Alle bringen ein günstiges Geschenk mit und jeder darf der Reihe nach eines aussuchen und auspacken. Gefällt es nicht, darf man es mit einem bereits ausgepackten Geschenk eines früheren Spielers tauschen (und nächste Spieler können es bei Gefallen dann mir wieder wegnehmen). Nur leider funktioniert das Spiel mit den Schweizern nicht, die meisten sind viel zu höflich um jemanden etwas wegzunehmen. Getauscht werden die Geschenke dann erst am Ende des Spiels, wenn beide einverstanden sind. Irgendwie kommt mir die Situation seltsam vor, ich fühle mich doch etwas fremd in der Runde. Muss ich mich nun auf einen rückwärtigen Kulturschock einstellen?

In der touristischen Hochsaison machen wir uns auf, die Insel Maui zu erkunden. Mit vielen anderen Autos auf der Strasse fahren wir vorbei an wunderschönen Küsten, sehen dabei Buckelwale auftauchen, springen und Wasserfontänen ausspeien und machen uns auf die Suche nach unserem persönlichem Lieblingsstrand. Zur Auswahl stehen helle, goldige, schwarze oder rote Strände, verbaut oder naturbelassen, mit Wellen oder spiegelglatt, mit Schildkröten, Seehunde und anderen Tieren. Die Wahl ist schwierig und die Favoriten bekommen immer wieder neue Konkurrenz.

Nach einigen Tagen gleicht unser Auto einem Sandkasten. Scheint doch ein idealer Zeitpunkt zu sein um es gegen ein sauberes Auto zu tauschen. Und just in dem Augenblick verliert einer der Reifen an Luft, was sich auch nach mehrmaligem Pumpen nicht ändert. Wir sagen also Tschüss zu unserem Auto und unseren Abendplänen am Hippiestrand und fahren mit einem fast platten Reifen zur Autovermietung. Mit neuen vier Rädern ausgerüstet geht unser Alltag auf der Insel weiter. Jeden Morgen müssen wir uns so schwierigen Entscheidungen stellen, an welchen Strand es denn gehen soll. Sollen die Surfbretter mit oder doch eher die Schnorchelausrüstung (oder beides)?

Bald schon ist es Silvester, ein für uns sehr ereignisreiches Jahr geht zu Ende. In Flipflops stossen wir in Strandnähe auf das neue Jahr an und feiern bis um ein Uhr dreissig die Lokale schliessen. In diesem Sinne (zwar mit etwas Verspätung) nochmals auch Euch allen alles Gute fürs neue Jahr.

Der etwas andere Kochkurs

Wir sind nun schon seit ein paar Wochen in Äthiopien unterwegs und haben natürlich auch die äthiopische Küche kennengelernt. Sie gilt als einzigartig und enthält Speisen, die für den europäischen Gaumen teilweise etwas gewöhnungsbedürftig sind. Das Grundnahrungsmittel bildet “Injera”, ein Sauerteig-Fladenbrot, das – ja genau – sehr sauer schmeckt. Die Äthiopier essen dieses aus Teff (Zwerghirse) fermentierte Brot zu allen Mahlzeiten. Es dient als Teller und Besteck gleichzeitig, denn gegessen wir mit der rechten Hand und die verschiedenen Saucen und Eintöpfe werden aufs Brot geschöpft und gegessen. Die leicht schwammartige, weiche Konsistenz ist dafür ideal.

In Lalibela essen wir in einem einfachen Restaurant, das als eines der besten der Stadt gilt. Als wir erfahren, dass die Besitzerin auch einen Kochkurs anbietet, wollen wir uns die Gelegenheit mehr über die äthiopische Küche zu erfahren natürlich nicht entgehen lassen.

Zu viert werden wir zur vereinbarten Zeit in die Küche geführt. Ich muss zuerst einmal leer schlucken, als ich den Raum erblicke. Gekocht wird über mit Kuhdung erzeugtem Feuer, der Boden ist aus gestampfter Erde und einen Kamin hat es leider nicht. So sitzen wir nun auf kleinen Stühlen wie die Hühner auf der Stange und lassen uns in die Geheimnisse des Injera einweihen. Der flüssige Teig wurde während zwei Tagen fermentiert und ist nun bereit. Wir üben uns alle darin, 50 cm grosse dünne Brote zu giessen – mit mehr und weniger Erfolg. Dann kocht die fröhliche Besitzerin mit einer ihrer Töchter, die auch noch als Übersetzerin für uns tätig ist, die verschiedenen Eintöpfe und Gemüse. Wir sind nämlich in der Fastenzeit und somit sind alle tierische Produkte tabu. Die äthiopisch-orthodoxe Kirche kennt ungefähr 180 Fastentage im Jahr und somit hat sich eine interessante vegane Küche entwickelt.

Nachdem ich darüber hinweg bin, dass die Köchin laufend Kuhdung in die Hände nimmt um die Feuer im Gang zu halten und dann direkt die fertigen Injera berührt, lasse ich mich von der fröhlichen Stimmung mitreissen. Während wir kochen bzw. zuschauen, muss die zweite Tochter draussen im Hof auf dem Boden den Abwasch erledigen. Der einzige Wasserhahn befindet sich nämlich ausserhalb der Küche.

Nach circa zwei Stunden sind wir fertig und das Essen wird auf einer grossen Platte für alle angerichtet. Es ist viel zu viel, aber wir geben uns Mühe möglichst viel zu essen. Als wir meinen schon bald zu platzen, werden uns noch Früchte zum Dessert aufgetischt. Dann werden wir noch mit einem weiteren äthiopischen Essritual konfrontiert. Die Restaurantbesitzerin nimmt nämlich eine Gabel und füttert uns die Früchte. Jeder kriegt zwei Gabeln voll, da zwei Mal Glück bringen soll. Eine interessante kulturelle Erfahrung.

Nun sind wir beim Kaffee angelangt. Äthiopien wird auch als das Ursprungsland des Kaffees bezeichnet und das koffeinhaltige Getränk spielt eine grosse Rolle im täglichen Leben. Die Äthiopier zelebrieren traditionellerweise drei Mal täglich ein Kaffeeritual. Dort werden die grünen Bohnen über Kohle geröstet, gestampft und nach türkischem Muster zu Kaffee zubereitet. Häufig essen sie Popcorn zum Kaffee, interessant und gar nicht mal so schlecht. Ich habe während unserer Zeit in Äthiopien sehr unterschiedlichen Kaffee getrunken: sehr dünne Brühe, Milchkaffee mit Milchhaut, den stärksten Kaffee in meinem Leben und ja wahrscheinlich auch den besten Kaffee, den ich je getrunken habe, genau richtig geröstet, ausgewogen in den Aromen und nicht zu bitter. Ich träume immer noch davon.

Auf dem Dach Afrikas

Wir sind auf 3200 Metern über dem Meeresspiegel und beginnen mit der viertägigen Wanderung in den Simien Bergen. Diese Berge sind ein UNESCO Weltkulturerbe (aber auf der Liste der gefährdeten, doch davon später mehr) und die höchsten Gipfel von Äthiopien befinden sich in der Gegend. Die Einheimischen nennen die Berge auch das Dach von Afrika. Wir sind zu viert unterwegs: nach Vorschrift begleitet Theo und mich ein bewaffneter “Scout” und da dieser kein Englisch spricht sind wir auch noch mit einem Guide unterwegs. Kurz nach Beginn bietet sich uns schon ein erstes Mal ein unglaubliches Panorama über Berge und Täler, die viel tiefer gelegen sind (aber doch noch auf 2000 Metern über Meer). Wir nehmen den Anfang gemütlich. Ich habe mir nämlich in den letzten Tagen eine Erkältung eingefangen und in Kombination mit der Höhe fühle ich mich ziemlich atemlos. Ein guter Grund die Aussicht umso mehr zu geniessen. Auf dem Weg zum ersten Camp begegnen wir einer Population von mehreren hundert Gelada Affen, die nur in Äthiopien leben und als einzige Primaten Gras fressen. Die Affen fürchten uns nicht und wir haben die Möglichkeit aus nächster Nähe die sozialen Tiere zu beobachten.

Schon bevor wir die Wanderung organisieren, wissen wir, dass die Simien Berge beliebt sind. Doch als wir im ersten Nachtlager in Sankaber ankommen, sind wir doch etwas erstaunt ungefähr 50 Zelte zu sehen. Die Stimmung erinnert eher an ein Festival als an zelten in der Wildnis. Es ist Mitte Nachmittag und auf gut 3200 Metern über Meer ist es immer noch sonnig warm, was sich aber mit Sonnenuntergang bald ändern wird. Daher essen wir früh. Wir (und die meisten anderen auch) leisten uns den Luxus eines Kochs, der mit einem Gaskocher in einer einfachen Hütte sehr gutes Essen zubereitet. Danach gibt es nicht mehr viel zu tun und wir entfliehen der Kälte in unsere warmen Daunenschlafsäcke.

Am nächsten Morgen ist unser Zelt von einer dünnen Eisschicht überzogen, die Temperaturen in der Nacht haben den Gefrierpunkt erreicht. Um 7.30 Uhr sind wir die erste Gruppe, die das Lager verlässt, da unser Guide hofft unterwegs mehr Antilopen beobachten zu können. Sobald die Sonne scheint ist es auch wieder T-Shirt Wetter. Wir haben Glück und können auf dem Weg zu einem 500 Meter hohen Wasserfall verschiedene Antilopen, wilde Hühner und Vögel beobachten. Ich fühle mich erholt nach der ersten Nacht und die Höhe macht mir keine Probleme mehr. Unterwegs erinnert sich unser Scout an die Zeit, als er hier im Bürgerkrieg stationiert gewesen ist. Er erzählt unserem Guide, dass er bei einer Gelegenheit auf Ermunterung der Vorgesetzten ungefähr 100 Gelada Affen erschossen hat, als Schiessübung. Unser Guide, der sich sehr für die Erhaltung des Nationalparks einsetzt, ist entsetzt und erklärt, dass sich aber die Population der Wildtiere seither wieder erholt hat. Die Scouts werden übrigens nach dem Zufallsprinzip den Wanderern mitgeschickt. Es sind ältere Männer, die in der Gegend wohnen und ein Gewehr besitzen. So kommt jeder Scout etwa vier Mal im Jahr die Gelegenheit etwas dazuzuverdienen.

Wir begegnen nicht wenigen Einheimischen auf unserem Weg. Das Berggebiet ist bewohnt, eine nicht asphaltierte Strasse führt mitten hindurch und dies ist auch der Grund, dass die UNESCO das Weltkulturerbe als gefährdet einstuft. Wir erfahren, dass nun Pläne geschmiedet werden, die Leute aus einem Dorf mittendrin umzusiedeln. Die Menschen hier sind Bauern, bauen Gerste an und besitzen etwas Vieh. Die Hütten sind einfach und Strom oder fliessendes Wasser sucht man vergeblich. Wir sind aber skeptisch als wir erfahren, dass die Leute am neuen Ort zwar Land für Häuser bekommen, aber nicht genügend Land um Landwirtschaft zu betreiben. Unser Guide erklärt, sie würde mit Geld entschädigt werden und könnten ja dann Händler werden.

Wir merken zudem wieder einmal, dass der Tourismus nicht nur gute Spuren hinterlässt. Mitten in der Wildnis begegnen wir auch vielen Kindern, die uns Souvenirs verkaufen wollen. Ein trauriger Anblick, da wir wissen, dass sie doch eigentlich in der Schule sein sollten.

Am frühen Nachmittag erreichen wir unser zweites Nachtlager mit etwas weniger Zelte als am Tag zuvor. Wir sind schneller unterwegs als der Guide gerechnet hat. Das Lager befindet sich auf einer kleinen Ebene in der Nähe von Geech, dem Dorf, das umgesiedelt werden soll. Wir sind nach einigem auf und ab auf 3600 Metern über Meer angekommen und den Elementen stärker ausgesetzt. Wir werden dafür aber mit einem wunderschönen Sonnenuntergang und Sternenhimmel entschädigt.
Der dritte Tag gilt als der anstrengendste und als (erster) Höhepunkt. Wir erklimmen den fast 4000 Meter hohen Gipfel Imet Gogo mit einer 360 Grad Aussicht, die enorm ist. Die Gegend erinnert in eine Richtung an die Nationalpärke im Westen der USA (aber begrünt), in eine andere Richtung an die Schweiz und ist doch einzigartig. Wir haben aber die magische 4000er Grenze noch nicht überschritten. Dies soll nun mit dem nächsten Gipfel der Fall sein. Diesen müssen wir uns aber zuerst mit einem Abstieg und einem etwas anstrengenderen Aufstieg zuerst verdienen. Unser Mittagessen geniessen wir dann auf dem Gipfel Innatye auf 4070 Metern über Meer.

In Chenek auf mehr als 3600 Metern über Meer erreichen wir unser letztes Nachtlager. Die oben erwähnte “Strasse” oder besser gesagt Fahrweg führt mitten hindurch. Der Verkehr hält sich aber in Grenzen. Wir sehen einen Bus und den einen oder anderen Lastwagen, auf deren Ladeflächen auch Menschen mitfahren. Das Camp ist berühmt dafür, dass man in der Nähe Steinböcke beobachten kann. Wir sind fasziniert von den Tieren, die sich in fast senkrechten, mehreren hundert Meter hohen Steilwänden bewegen. Eigenlich wäre hiermit das Standardprogramm schon fast fertig, da eine lange Heimfahrt über eine beschwerliche Strasse ansteht. Wir bekommen aber die Chance am nächsten Morgen noch einen der höheren Gipfel, den Mount Bwahit (4430 m.ü.M.) zu besteigen. Oben angekommen geniessen wir die Aussicht auf Äthiopiens höchsten Berg während unser Guide telefoniert und der Scout versucht seine Familie im ungefähr zehn Kilometer entfernten Gebäude mit lauten Rufen auf sich aufmerksam zu machen. Er erzählt, dass er ungefähr acht Kinder hat (von mehreren Frauen).

Zurück im Lager machen wir uns auf die lange Fahrt zurück und verabschieden uns von den verschiedenen Teilnehmern unserer “Expedition”. Ich habe bis jetzt noch nicht vom Warentransport unseres Zelts, Essen und so weiter erzählt, der mit Maultieren vonstatten gegangen ist. Für uns werden vom Koch (der die Verantwortung trägt) drei Maultiertreiber und zwei Maultiere angeheuert. Auch dies sind Leute aus den Dörfern der Umgebung, die Maultiere besitzen. Da es mehr Leute mit Maultieren als Gewehren gibt, kommen die nur etwa zwei Mal im Jahr in den Genuss so ihr Geld zu verdienen. Übrigens einer unserer Maultiertreiber ist in seinem “richtigen Leben” ein äthiopisch orthodoxer Priester.

Nach langer Fahrt sind wir zurück in Gonder, dem Ausgangspunkt für die Simien Berge. Wir geniessen den verhältnissmässig warmen Abend und natürlich die warme Dusche, nachdem wir vier Tage ausser einigen Bächen kein fliessendes Wasser gesehen haben. Beim Abendessen bemerken wir, dass wir innerhalb 12 Tage den tiefsten und bis anhin höchsten Punkt unserer Reise erreicht haben.

Vom Strandleben zwischen Kriegsschiffen und Walhaien

Dschibuti zum Zweiten. Nach einigen Tagen mit vielen Autokilometer über nicht asphaltierte Strassen ist es nun an der Zeit etwas auszuspannen. Wir sind in der staubigen Stadt Dschibuti, morgens um 8 Uhr ist es für hiesige Verhältnisse noch kühl (sprich ungefähr 30 Grad). Wir suchen eine Reiseagentur, die uns die Fahrt und die Unterkunft auf die nahegelegenen Inseln Moucha organisieren kann. An der ersten Adresse heisst es, dass sie zwar zur dieser Agentur gehören, wir hier aber nicht buchen können. Mir sind die Gründe zwar nicht ganz klar, aber wir machen uns dennoch mit Gesamtgepäck auf, das zweite Büro zu suchen. Dieses befindet sich im teuersten Hotel der Stadt und wir werden doch etwas komisch angeschaut als wir verschwitzt nach 30 Minuten Spaziergang mit unseren Rucksäcken auf dem Rücken dort eintreffen. Nach einer interessanten Verhandlung steht fest, dass wir die nächsten 7 Tagen auf der Insel verbringen werden. Nach einer 20 minütigen Bootsfahrt kommen wir auf der kargen Insel an.

Die Insel ist ausser einigen wenigen Häusern, den Bungalows der Unterkunft und vielen Vögeln und Fliegen unbewohnt. Wir setzen uns an den Strand, lesen und geniessen die doch etwas spezielle Aussicht. In Dschibuti befinden wir uns in Mitten einer der Brennpunkte dieser Welt, umgeben von Ländern wie Somalia bzw. das nicht anerkannte Somaliland, Eritrea und Jemen auf der anderen Seite der Meerenge. Frankreich unterhält schon seit längerer Zeit eine Militärbasis; andere Länder wie die USA, Japan oder Deutschland sind gefolgt und uns wird erzählt, dass auch schon russische Kriegsschiffe gesehen wurden. Vom Strand “bewundern” wir nun also Kriegsschiffe, Militärflugzeuge sowie Helikopter und bei Fahrten zu Land und zu Meer kommen wir an vielen militärischen Einrichtungen vorbei. Auch zivile Frachtschiffe tuckern in grösserer Zahl vorbei.

Auf der Insel werden wir in Vollpension verpflegt, am Mittag und am Abend werden drei Gänge serviert. Wir sehen im Menuplan, dass in Dschibuti nicht viele Lebensmittel hergestellt werden und vieles importiert werden muss. Wir kommen in den Genuss von allen möglichen Dosenprodukten über Thon, Erbsen, Bohnen bis zum pürierten Fruchtsalat als Fruchtsaft zum Morgenessen. Die Qualität des Essens war aber wider Erwarten sehr gut und der lauwarme, frischgebackene Schokoladenkuchen ein Traum.

Dschibuti bietet neben Salzsee, Wüste und Vulkanformationen auch eine interessante Unterwasserwelt. Besonders bekannt und berühmt sind die vielen Walhaie, die im November bis Januar in der Bucht anzutreffen sind. Wir sind per Zufall zur richtigen Saison da und somit buchen wir uns einen Schnorchelausflug um den grössten Fischen der Welt zu begegnen. Nach relativ kurzer Fahrt in der Nähe der Küste und unweit von der Wasseroberfläche sehen wir dann schon bald das typische gepunktete Muster und alle Teilnehmer setzen sich Brille und Schnorchel auf und hüpfen ins Wasser. Der erste Walhai, den wir sehen, hat es aber relativ eilig wegzukommen und so gehen wir bald ins Boot zurück.

Ein paar Minuten später werden wieder Walhaie gesichtet und dieses Mal sind sie neugierig und bleiben lange Zeit um uns herum. Wenn ich von der Mehrzahl spreche, dann haben wir wahrscheinlich ein Dutzend dieser Fische um uns herum, was teilweise schon fast etwas beängsigend ist, da sie sehr nahe an uns herankommen (dennoch versuchen wir einen Minimalabstand zu wahren um sie nicht zu belästigen). Wir schwimmen, schnorcheln und geniessen diese sehr spezielle Erfahrung.

Es sind nicht sehr viele Touristen, die sich nach Dschibuti verirren. Wir fallen auf in der Stadt und nach ein paar Stunden wussten schon alle Einheimische, wer wir sind, wo wir waren und wohin wir wollen. Die Einheimischen sind aber auch sehr freundlich und fröhlich und wir haben viele lustigen Begegnungen. Vielleicht liegt das auch daran, dass ein grosser Teil der (männlichen) Bevölkerung regelmässig Khat (eine Pflanze mit stimulierenden Eigenschaften) konsumiert. Auch die wenigen Touristen lernen wir fast alle kennen – man trifft sich zum Beispiel auf dem Walhaiausflug. Die erste Frage untereinander lautet immer: “Warum bist du nach Dschibuti gekommen?”. Die Geschichten sind sehr unterschiedlich, haben aber immer etwas mit einem Zufall zu tun, wie auch bei uns. Wir haben das Dschibuti Kapitel im Reiseführer von Äthiopien gelesen und haben uns gedacht wir müssen da hin. Wir haben es gar nicht bereut, nein es war ein Land, das uns sehr gut gefallen hat.