Der etwas andere Kochkurs

Wir sind nun schon seit ein paar Wochen in Äthiopien unterwegs und haben natürlich auch die äthiopische Küche kennengelernt. Sie gilt als einzigartig und enthält Speisen, die für den europäischen Gaumen teilweise etwas gewöhnungsbedürftig sind. Das Grundnahrungsmittel bildet “Injera”, ein Sauerteig-Fladenbrot, das – ja genau – sehr sauer schmeckt. Die Äthiopier essen dieses aus Teff (Zwerghirse) fermentierte Brot zu allen Mahlzeiten. Es dient als Teller und Besteck gleichzeitig, denn gegessen wir mit der rechten Hand und die verschiedenen Saucen und Eintöpfe werden aufs Brot geschöpft und gegessen. Die leicht schwammartige, weiche Konsistenz ist dafür ideal.

In Lalibela essen wir in einem einfachen Restaurant, das als eines der besten der Stadt gilt. Als wir erfahren, dass die Besitzerin auch einen Kochkurs anbietet, wollen wir uns die Gelegenheit mehr über die äthiopische Küche zu erfahren natürlich nicht entgehen lassen.

Zu viert werden wir zur vereinbarten Zeit in die Küche geführt. Ich muss zuerst einmal leer schlucken, als ich den Raum erblicke. Gekocht wird über mit Kuhdung erzeugtem Feuer, der Boden ist aus gestampfter Erde und einen Kamin hat es leider nicht. So sitzen wir nun auf kleinen Stühlen wie die Hühner auf der Stange und lassen uns in die Geheimnisse des Injera einweihen. Der flüssige Teig wurde während zwei Tagen fermentiert und ist nun bereit. Wir üben uns alle darin, 50 cm grosse dünne Brote zu giessen – mit mehr und weniger Erfolg. Dann kocht die fröhliche Besitzerin mit einer ihrer Töchter, die auch noch als Übersetzerin für uns tätig ist, die verschiedenen Eintöpfe und Gemüse. Wir sind nämlich in der Fastenzeit und somit sind alle tierische Produkte tabu. Die äthiopisch-orthodoxe Kirche kennt ungefähr 180 Fastentage im Jahr und somit hat sich eine interessante vegane Küche entwickelt.

Nachdem ich darüber hinweg bin, dass die Köchin laufend Kuhdung in die Hände nimmt um die Feuer im Gang zu halten und dann direkt die fertigen Injera berührt, lasse ich mich von der fröhlichen Stimmung mitreissen. Während wir kochen bzw. zuschauen, muss die zweite Tochter draussen im Hof auf dem Boden den Abwasch erledigen. Der einzige Wasserhahn befindet sich nämlich ausserhalb der Küche.

Nach circa zwei Stunden sind wir fertig und das Essen wird auf einer grossen Platte für alle angerichtet. Es ist viel zu viel, aber wir geben uns Mühe möglichst viel zu essen. Als wir meinen schon bald zu platzen, werden uns noch Früchte zum Dessert aufgetischt. Dann werden wir noch mit einem weiteren äthiopischen Essritual konfrontiert. Die Restaurantbesitzerin nimmt nämlich eine Gabel und füttert uns die Früchte. Jeder kriegt zwei Gabeln voll, da zwei Mal Glück bringen soll. Eine interessante kulturelle Erfahrung.

Nun sind wir beim Kaffee angelangt. Äthiopien wird auch als das Ursprungsland des Kaffees bezeichnet und das koffeinhaltige Getränk spielt eine grosse Rolle im täglichen Leben. Die Äthiopier zelebrieren traditionellerweise drei Mal täglich ein Kaffeeritual. Dort werden die grünen Bohnen über Kohle geröstet, gestampft und nach türkischem Muster zu Kaffee zubereitet. Häufig essen sie Popcorn zum Kaffee, interessant und gar nicht mal so schlecht. Ich habe während unserer Zeit in Äthiopien sehr unterschiedlichen Kaffee getrunken: sehr dünne Brühe, Milchkaffee mit Milchhaut, den stärksten Kaffee in meinem Leben und ja wahrscheinlich auch den besten Kaffee, den ich je getrunken habe, genau richtig geröstet, ausgewogen in den Aromen und nicht zu bitter. Ich träume immer noch davon.

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